Kulturpreis 2020 geht an Robert Schlegl
Hohe Auszeichnung der Stadt Bad Reichenhall für heimischen Barock-Posaunisten
Robert Schlegl aus Bad Reichenhall, Profi-Musiker, Pädagoge und Spezialist für „historische Aufführungspraxis“ erhält den Kulturpreis 2020. Der Stadtrat stimmte dem Beschlussvorschlag von Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung und Kulturreferentin Monika Tauber-Spring in seiner letzten nicht-öffentlichen Sitzung des Jahres 2020 einstimmig zu. Als Lung den Preisträger am 23. Dezember mit der „frohen Botschaft“ telefonisch überraschte, reagierte Robert Schlegl spontan-erfreut: „Ja, da ist ja für mich schon heute Weihnachten“.
Diplom-Geograph- und Diplom-Musikpädagoge Robert Schlegl, geboren in Regensburg, lebt seit 2013 in Bad Reichenhall und zählt deutschlandweit zu den erfahrensten und vielseitigsten Posaunisten seiner Generation im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Der 44-Jährige studierte „moderne Posaune“ und „historische Posaunen“ an den Musikhochschulen Trossingen, Köln und Bremen. Konzert-Tourneen mit zahlreichen namhaften Orchestern und Ensembles führten ihn bereits nach Asien, Nord- und Mittelamerika sowie in die meisten europäischen Länder, vor allem nach Polen und Belgien.
Unter namhaften Dirigenten gespielt
Robert Schlegl spielt unter anderem mit dem Freiburger oder dem l‘orfeo-Barockorchester, der Camerata Salzburg und vielen anderen Klangkörpern. Dabei arbeitete er unter namhaften Dirigenten wie Teodor Currentzis und Philipp Herreweghe. Über 70 CD-Produktionen dokumentieren das vielseitige Werk des Familienvaters. Sein bedeutendes überregionales Wirken verdeutlicht unter anderem eine Konzertreise, die ihn im Oktober 2020 mit dem Freiburger Barockorchester unter anderem in die Berliner Philharmonie und die Elbphilharmonie nach Hamburg führte. Robert Schlegl tritt auch in seiner neuen Heimat auf und bringt sich vor Ort in das musikalische und kirchliche Leben ein. Aktuell hat er ein Crowdfunding-Projekt für eine der ältesten Kirchenorgeln Bayerns im Ettendorfer Kircherl in Traunstein angestoßen. Weitere Projekte befinden sich in Vorbereitung.
Seit Bad Reichenhall der Lebensmittelpunkt für Robert Schlegl und seine Familie geworden ist, bezog er zunehmend das Alphorn in sein künstlerisches und pädagogisches Schaffen mit ein. Mit dem außergewöhnlichen Instrument aus dem Alpenraum, vorrangig aus der Schweiz bekannt, erzielte er im vergangenen Jahr jene Leistung, die in Verbindung mit seinem allgemeinen musikalischen Schaffen seitens der Stadt als besonders preiswürdig angesehen wird: Während der Corona-Krise rückte Schlegl mit Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr täglich jeweils am frühen Abend aus, um Bewohnern von Seniorenheimen und Patienten des Krankenhauses sowie deren Ärzten und Pflegern mit kurzen „Privatkonzerten“ aus der Ferne eine Freude in schwieriger Zeit zu bereiten. Somit brachte er auf eigene Initiative und ohne Entgelt Kunst und Kultur zu jenen Menschen, die von Einsamkeit, Eintönigkeit und Furcht besonders betroffen waren und sind – und dies zu einer Zeit, als das kulturelle Leben in der gewohnten Form weitestgehend zum Erliegen gekommen war. Im vergangenen Herbst und im aktuellen Winter wiederholte Robert Schlegl seine kurzen Auftritte punktuell.
Diese außergewöhnliche Performance wurde von vielen Senioren positiv aufgenommen und erfuhr in den heimischen Medien und somit in der Öffentlichkeit ihren nachhaltigen Niederschlag sowie beste Resonanzen. „Mit der Vergabe des Kulturpreises an Robert Schlegl soll die hervorragende Aktion eine verdiente Ehrung erfahren, die als spontane Geste von Menschlichkeit und Solidarität in Zeiten von Einsamkeit und hoher Belastung zu verstehen ist“, heißt es seitens der Stadt Bad Reichenhall. Gewürdigt werden soll eine konstruktiv- und kreativ-künstlerische Herangehensweise an die besonderen Herausforderungen der Corona-Krise und möge als Ermutigung verstanden werden, sich weiter aktiv ins kulturelle Leben der Stadt einzubringen.
Preis stellvertretend für alle Künstler
Die Auszeichnung für Robert Schlegl ist darüber hinaus als Anerkennung der besonderen Erschwernisse, denen Künstlerinnen und Künstler – vor allem freiberufliche Solo-Selbstständige – vor dem Hintergrund der Pandemie-Beschränkungen insgesamt ausgesetzt sind, zu werten. Auch sie hatten 2020 mit enormen Einbußen, in erster Linie durch fehlende Veranstaltungen, zu kämpfen. Eine Situation, die sich aktuell nicht bessert. Insofern ist die Prämierung von Robert Schlegl primär eine persönliche Auszeichnung: für sein künstlerisches Schaffen. Sie steht jedoch gleichwohl stellvertretend für all seine Kolleginnen und Kollegen, die in dieser schwierigen Zeit Zuspruch und Anerkennung verdienen.
Die Übergabe des Kulturpreises für das Jahr 2020 wird im Rahmen einer Feierstunde vorgenommen, sobald dies coronabedingt wieder möglich ist. „Ich fühle mich sehr geehrt“, sagt der Preisträger. „Und bin völlig überrascht.“ Der Motivation für die Zukunft leiste eine derartige Anerkennung sicher keinen Abbruch, meinte der Preisträger.
Von Hans-Joachim Bittner
Der Kulturpreis
Der Der Kulturpreis der Stadt Bad Reichenhall wird seit 1980 in unregelmäßigen Abständen verliehen. Letzter Preisträger war vor drei Jahren das Park-Kino, wobei besonders dessen Bedeutung für das kulturelle Leben der Kurstadt in den 100 Jahren seines Bestehens ausgezeichnet wurde. Das Karlsgymnasium gehört ebenfalls bereits zu den Preisträgern.
Mit der Auszeichnung werden Leistungen auf kulturellem Gebiet gewürdigt, die entweder durch die Person des Preisträgers oder durch das Werk in einem Zusammenhang mit dem kulturellen Leben der Stadt Bad Reichenhall stehen. Geehrt werden können Einzelpersonen oder Personengruppen, wobei der Preis im Regelfall nur einmal jährlich vergeben werden soll. Er kann in Form der Ehrung, der Anerkennung oder der Förderung vergeben werden. In jedem der drei Fälle ist der Reichenhaller Kulturpreis mit einem Preisgeld von 2500 Euro dotiert.

Freudige Überraschung: Robert Schlegl erfuhr einen Tag vor Weihnachten durch einen Anruf von Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung, dass er in diesem Jahr den Kulturpreis 2020 der Stadt Bad Reichenhall erhält. Dieser wird höchstens einmal jährlich vergeben.

Der Profi-Musiker erhält die Auszeichnung unter anderem für seine Alphorn-Kurzkonzerte in der ersten Lockdown-Phase – vor Altenheimen und dem Reichenhaller Krankenhaus. Eine Crowdfunding-Aktion mündete schließlich in die Veröffentlichung einer „Heimat“-CD mit elf eingespielten Stücken auf diesem Instrument. Das Bild zeigt den Reichenhaller bei einem seiner Spontan-Auftritte vor dem Predigtstuhl am Gruttenstein im Frühling des letzten Jahres.
Fotos: Hans-Joachim Bittner