"Siegel der Bürger von (Reichen)Hall"
Bis weit in das 13. Jahrhundert hinein kannte man die Führung eines Reichenhaller Stadtwappens nicht. Dagegen machten die Bürgerschaft und Stadt von ihrem Siegelrecht Gebrauch, wenn es darum ging, bestimmte Rechtsgeschäfte durch "Untersiegelung" urkundlich zu beglaubigen. Das aus dem Jahr 1279 überlieferte "Siegel der Bürger von (Reichen)Hall" zeigt im runden Siegelbild das mit der Siegesfahne nach links schreitende und dabei zurückblickende Gotteslamm, dessen Haupt vom Strahlenkranz umgeben ist.
Dass sich die Reichenhaller Bürgerschaft schon früh mit der Darstellung des von Johannes dem Täufer verkündeten Gotteslammes identifizierte, zeigt ein in reliefierter Form angebrachtes Gotteslamm im Bogenfeld des romanischen Portals von St. Zeno - vermutlich ein Hinweis darauf, dass sich die Bürger an der Errichtung der großen Basilika finanziell beteiligt haben. Üblicherweise wählte sich die Bürgerschaft den Siegelinhalt selbst. Im Falle Reichenhalls könnte das älteste im urprünglichen Stadtgebiet befindliche Gotteshaus St. Johannes für die Wahl des Gotteslammes ausschlaggebend gewesen sein.

„Siegel der Stadt Reichenhall"
Dass in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein weiteres Reichenhaller Stadtsiegel auftritt, ist wohl auf die bewusste Initiative herzoglicher Beamter zurückzuführen; gleichwohl deutet es auf die aggressive Politik Herzog Heinrichs XIII. in Niederbayern (1255-90) und dessen Streitigkeiten mit dem Salzburger Erzbischof um den Besitz Reichenhalls hin. Im Gegensatz zum älteren Stadtsiegel ist in der Siegelumschrift nicht mehr vom Siegel der Reichenhaller "Bürger", sondern vom „Siegel der Stadt (Reichen)Hall" die Rede.
Das runde Siegelbild hat einen spitz zulaufenden einfach geteilten Schild zum Inhalt, dessen oberes Feld einen nach links schreitenden Panther und dessen unteres Feld einen Rautenschild zeigt. Damit lässt sich für die Stadt Reichenhall erstmals eine Verbindung aus Siegel und Wappen feststellen.
Die Wittelsbacher hatten den ursprünglich roten Panther auf silbernem Grund dem Wappen der in Niederbayern ansässigen Pfalzgrafen von Ortenburg entlehnt, worauf das Wappentier in viele Stadtwappen der niederbayerischen Herrschaft Eingang fand. Ähnlich verhielt es sich mit den Rauten, die ursprünglich aus dem verwaisten Wappen der Grafen von Bogen übernommen worden waren. Der herzoglich-bayerische Anspruch auf die reiche Salzstadt Reichenhall wurde durch das neue Siegel spürbar unterstrichen, wenngleich das ältere Bürgersiegel mit dem Gotteslamm noch bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zusätzlich in Verwendung war.

Bad Reichenhaller Stadtwappen
Das weiterentwickelte Konstrukt eines Reichenhaller Siegels bzw. Wappens zeigte sich 1323 in einem einfach gespaltenen Schild, der im linken Feld den Panther, im rechten Feld die bayerischen Rauten beinhaltete. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kam es zu einer Vertauschung der beiden Felder, die sich schließlich fest einbürgern sollte. Auch die heraldische Farbe des Wappens - der schwarze Panther ist auf goldenem Grund aufgebracht - kann in jener Zeit erstmals beobachtet werden.
Heraldischer Unklarheit ist es wohl zuzuschreiben, dass der Reichenhaller Panther zwischenzeitlich einem Löwen und ab der Mitte des 18. Jahrhunderts sogar längere Zeit einem Greifen weichen musste; seit 1929 ist wieder der mit roten Krallen bewehrte Panther der Grafen von Ortenburg sowie das Rautenfeld der Grafen von Bogen im Bad Reichenhaller Stadtwappen und -siegel enthalten.
