Blumenmeer über den Dächern von Bad Reichenhall
Bereits im Jahr 2000 haben die Reichenhaller Stadtgärtner damit begonnen, am Pulverturm hoch über den Dächern der Alpenstadt auf einer Fläche von rund 250 m² erste Blumenwiesen anzusäen, die in den vergangenen Jahren von sogenannten Bienenwiesen ergänzt wurden. Dabei entstanden insgesamt neun verschiedene Aussaatmischungen, die künftig auf eigens angefertigten Schildern genau beschrieben werden, damit sich die Bürger Anregungen für ihren eigenen Garten daheim holen können. Die verwildert wirkenden üppigen Blumenwiesen bilden einen bewussten Kontrast zu den geordneten Schmuckbeeten und Blumenschalen, wie sie in den Fußgängerzonen und Parks im Reichenhaller Stadtgebiet zu finden sind, und sollen einerseits Einheimischen wie Gästen einen besonderen Ort zur Erholung und Entspannung schaffen, andererseits zu mehr Bienenfreundlichkeit und zur Förderung des Artenschutzes und der Artenvielfalt beitragen.
Ein Bild über die zwischenzeitliche Entwicklung des beschaulichen Plätzchens am Gruttenstein machten sich nun Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung und 3. Bürgermeister Hans Hartmann und zeigten sich beeindruckt von den Früchten der Arbeit, die Stadtgartenmeister Martin Haberlander und sein Team ihnen präsentierten. Auf einer Länge von 550 Metern wurde ein prachtvolles Blumenmeer und gleichzeitig ein Paradies für Insekten und Bienen geschaffen. Doch die Stadtgärtner beanspruchen die Lorbeeren ihrer Arbeit nicht für sich allein: Unterstützt wurden sie bei dem fortlaufenden Projekt mal von Reichenhaller Schülern, mal von Kindergärten oder den Ministranten der Evangelischen und Katholischen Jugend. „Es ist uns wichtig, das Bewusstsein der Kinder und Jugendlichen für Umwelt und Artenschutz zu schärfen“, erklärt Haberlander, „deshalb beziehen wir sie wo immer möglich bei unterschiedlichsten Projekten im Reichenhaller Stadtgebiet mit ein.“
Umgekehrt haben die Kinder und Jugendlichen viel Spaß an der Arbeit in und mit der Natur und sind stets mit Tatkraft und Begeisterung dabei. So auch bei der Pflanzung von 1200 Narzissen am Pulverturm, die dafür sorgen, dass den Bienen bereits schon im Frühjahr genügend Nahrung zur Verfügung steht. Auch für Baumfreunde ist das Areal am Pulverturm ein Genuss: Nachdem 2017 bei der sanierten Stadtmauer oberhalb von Glück im Winkl bereits verschiedene Apfelbäume gepflanzt wurden, folgte nun am Wiesenrand am Aufgang zu Burg Gruttenstein eine Kirschbaumreihe. Der Rundweg, der eine herrliche Aussicht über die Alpenstadt bietet, wurde teilweise erneuert, damit er besser begehbar ist und sich auch ältere Generationen daran erfreuen können. „In Zukunft sollen auf dem Rundweg gemeinsam mit den Kindern im Rahmen der Umweltbildung regelmäßig verschiedene Naturprojekte verwirklicht werden“, skizziert Haberlander die weiteren Ziele. „Wir wollen den Bürgern auch einen Ort zur Entschleunigung bieten, vor allem in der Hochblütezeit im August kann man hier in den Nachmittagsstunden besonders gut entspannen und die Seele baumeln lassen“, erläutert er den beiden Rathauschefs, die inmitten des Blumenmeeres interessiert den Plänen folgen. Kaum vorstellbar, dass diese Blumenweide nicht immer eine Augenweide bleibt, sondern sich innerhalb weniger Wochen in eine unansehnliche, triste Fläche verwandeln wird. „Aber das haben solche Wiesen so an sich“, gibt der Stadtgartenmeister zu bedenken und bittet damit diejenigen Besucher um Verständnis, die den Rundweg am Pulverturm außerhalb der Blütezeit besuchen.
Auch die starken Unwetter der vergangenen Wochen sind an den Blumenwiesen nicht spurlos vorübergegangen und haben diese stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Pflegemaßnahmen der Stadtgärtner haben aber bereits sämtliche Spuren beseitigt, sodass die Bienenwiese wieder ein lebendiges und buntes Bild bietet.
Blumenwiesen oder Blühmischungen – ein großer Unterschied
Haberlander erklärt den Anwesenden den Unterschied zwischen Blumenwiesen oder Blühmischungen und erläutert die drei verschiedenen Typen: „Blumenwiesen sind Mischungen aus der Natur für die Natur, sie werden jährlich bis zu 2 Mal abgemäht. Die Mahd ist nach Antrocknen zwingend abzufahren, Mulchen wäre absolut tödlich für die Artenvielfalt.“ Blühmischungen hingegen bestehen Haberlander zufolge meist aus 100 % überwiegend einjährigen, teilweise mehrjährigen Blumen, blühen intensiv und artenreich von Frühjahr bis zum Frost. Unerwünschte Arten werden von Hand entfernt und jedes Jahr werden wieder neue Blühmischungen angesät. Sie sind somit generell mehr für Menschen eine Augenweide als für die heimischen Insekten eine gute Nahrungsquelle, einige Mischungen erfüllen jedoch beide Kriterien.
Zu guter Letzt gibt es schließlich die artenreichen Blumenwiesen mit regionalen Wildpflanzen aus dem „Reichenhaller Tal“. In einem gemeinsamen Projekt mit der Mittelschule und der Biosphärenregion Berchtesgadener Land wurden diese am Pulverturm angesät.
Oberbürgermeister Dr. Lung und sein Stellvertreter Hartmann bedankten sich bei den Stadtgärtnern für ihre tolle bienenfreundliche Arbeit, die auch Bürgern wie Gästen zugutekommt, und begrüßten besonders die Tatsache, dass die Projekte mit den Reichenhaller Schülern weiter ausgebaut werden. Auch dann werden sie es sich sicher nicht nehmen lassen, die Ergebnisse wieder persönlich zu begutachten.