Denkmalverträglichkeit – Worauf kommt es an?
Die Belange des Denkmalschutzes und Klimaschutzes sollen verantwortungsvoll verbunden werden.
Einerseits sollen Denkmäler ihre besondere Eigenheit als einzigartige, identitätsstiftende und höchst wertvolle Zeugnisse der bayerischen Geschichte behalten und andererseits soll auch im denkmalgeschützten Gebäudebestand ressourcenbewusste Energieeinsparung und -gewinnung ermöglicht werden.
Um die Denkmalverträglichkeit herzustellen, ist aus zahlreichen aktiven und passiven Maßnahmen eine auf den Einzelfall abgestimmte Lösung zu erarbeiten.
Folgende drei Punkte stehen dabei im Vordergrund:
- Technische Voraussetzungen
- Bedarfsgerechte Abstimmung
- Denkmalgerechte Abstimmung
Technische Voraussetzungen
Vor Installation einer Solaranlage sind unbedingt die technischen Voraussetzungen zu prüfen. Hierunter fallen vor allem die Tragwerksfähigkeit der Dachkonstruktion, der allgemeine Zustand des Daches, Brandschutz, Blitzschutz und Schneefangeinrichtungen. Nicht jedes Dachwerk eines Baudenkmals kann eine zusätzliche Belastung durch eine Solaranlage aufnehmen. Abhilfe kann hier ggf. ein Ersatz der Dachdeckung durch sogenannte Solarziegel (nicht möglich bei erhaltenswerten historischen Dachdeckungen) oder der Einsatz von Solarfolien schaffen, die in der Regel weniger Gewicht mitbringen. Wichtig ist auch, vorab zu prüfen, ob an der Dachfläche in absehbarer Zeit Instandsetzungsarbeiten, z. B. Reparaturen der Dacheindeckung oder am Dachwerk, oder Modernisierungsarbeiten, z. B. Verbesserung der Wärmedämmung, notwendig werden. Um Zusatzkosten zu vermeiden, sollten Anlagen erst dann installiert werden, wenn sichergestellt ist, dass das Dach in Ordnung ist. Ein Feuerwehrschalter zur Stromfreischaltung im Brandfall sollte ebenso zum Standard bei Photovoltaikanlagen gehören wie die regelmäßige Wartung und Instandhaltung durch einen Elektrofachbetrieb. Über der Dachhaut montierte Solaranlagen können im Brandfall ein zusätzliches mechanisches Hindernis für den Löschangriff darstellen. Im Zweifel sollte mit der örtlichen Feuerwehr abgeklärt werden, inwieweit dies im Einzelfall relevant ist.
Zur Beurteilung dienen folgende Unterlagen (mit * gekennzeichnete sind verpflichtend):
- Beiblatt – Solarenergie in der Denkmalpflege*
- Bestandsfotos (insb. denkmalrelevante Ansichten und Anbringungsort)*
- Nachweis für Feuerwehrschalter
- Stellungnahme eines qual. Tragwerksplaner
- Stellungnahme eines qual. Bauphysikers
- Stellungnahme eines qual. Sachverständigen für Brandschutz
- Stellungnahme eines Planers aus dem Bereich des Blitzschutzes
Bedarfsgerechte Abstimmung
Eine Solaranlage im Denkmalbereich sollte nur zur Deckung des eigenen Energiebedarfs dienen.
Maßgebend ist der Energiebedarf im Baudenkmal (Eigenbedarf, unter Einfluss von z. B. Mobilitätsenergie), nicht eine höchstmögliche energetische Nutzung. Darüberhinausgehende Zielsetzungen, z. B. zur Einspeisung, liegen regelmäßig nicht im Interesse des Denkmalschutzes.
Deshalb kommt es auf eine bedarfsgerechte Abstimmung der baulichen Maßnahmen und technischen Komponenten an, da die Versorgung eines Gebäudes mit erneuerbaren Energien u. a. eng verknüpft mit dem Heizsystem, der Wärmeverteilung, der energetischen Qualität der Gebäudehülle und den vor Ort vorhandenen Potenzialen für Sonne, Umgebungswärme, Biomasse, Wind- oder Wasserkraft ist.
Einem Energiemix aus aktiven und passiven Maßnahmen sowie den örtlich gegebenen Potenzialen gehört dabei die Zukunft.
Zur Beurteilung dienen folgende Unterlagen (mit * gekennzeichnete sind verpflichtend):
- Beiblatt – Solarenergie in der Denkmalpflege*
- Stellungnahme eines denkmalerfahrenen Energieberaters
- Stellungnahme eines qual. Bauphysikers
Denkmalgerechte Abstimmung
In der Denkmalpflege besteht die Verpflichtung zum Erhalt der historischen Bausubstanz und des überlieferten Erscheinungsbildes. Solaranlagen dürfen deshalb nicht zu unvertretbaren Substanzeingriffen führen oder das überlieferte Erscheinungsbild des Baudenkmals oder Ensembles dominieren. Vor diesem Hintergrund sind umfangreiche Informationen zum Denkmalbestand und der geplanten Anlage beizubringen.
Zum Denkmalbestand:
Baudenkmäler und Ensembles werden von der Dachform sowie von Art, Farbe und Materialität der Dachdeckung wesentlich bestimmt. Die sogenannte Dachlandschaft prägt ein Ortsbild. Auch Bauwerke in der Nähe von Baudenkmälern können Teil der überlieferten historischen Ansicht sein oder in Blickbeziehung mit einem Baudenkmal stehen.
Neben historischen Dachdeckungen aus Ziegel, Holz, Metall, Natur-oder Kunststein, die sich im Bestand erhalten haben, sind Baudenkmäler und ihre Umgebung auch von traditionellen Handwerkstechniken geprägt. Historische Eindeckungsweisen, damit verbundene Alterungsspuren und Baudetails wie Mönch- Nonne-Deckungen, Holzschindel-, Blech- oder Schieferdeckungen bestimmen häufig nicht nur das Baudenkmal, sondern ganze Hauslandschaften. Solche Haus- und Dachlandschaften vermitteln kulturelle Identität und sind touristisch und wirtschaftlich bedeutsam. Ihr Erhalt ist daher weiterhin ein wichtiges Ziel denkmalpflegerischen Handelns.
Zur Beurteilung dienen folgende Unterlagen (mit * gekennzeichnete sind verpflichtend):
- Beiblatt – Solarenergie in der Denkmalpflege*
- Lageplan mit Kennzeichnung der Installationsflächen (M 1:1000)*
- Bestandsfotos (insb. denkmalrelevante Ansichten und Anbringungsort)*
- Bestandsbeschreibung von einem qual. Sachverständigen (z. B. Bauhistoriker, Restaurator)
Zur geplanten Anlage:
Solaranlagen können durch entsprechende Gestaltung und Vorgaben zu Umfang und Anbringung regelmäßig so ermöglicht werden, dass sie aus fachlicher Sicht nicht zu einer unverträglichen Beeinträchtigung von Wesen, Erscheinungsbild und Wirkung des Baudenkmals führen. Der technische Fortschritt bei der Entwicklung von Solaranlagen schreitet voran und kann dazu beitragen, ansprechende denkmalverträgliche Lösungen zu finden.
Man wendet zur Beurteilung der Anlage ein mehrstufiges System an, das je nach Einsehbarkeit der Fläche zwischen Anlagen ohne besonderen / mit bedingten / mit besonderen / mit höchsten Gestaltungsanforderungen unterscheidet. Mit der Einsehbarkeit der Flächen steigt der Anspruch an Einfügung. Je beeinträchtigender die Platzierung für das Denkmal ist, desto höhere Anforderungen sind an die Ausführung zu stellen (verbergen – unterordnen – integrieren).
Daraus ergibt sich ein zweistufiges Gestaltungssystem:
- Platzierung (Wo?)
- Ausführung (Wie?)
Folgende Ausführungskriterien gibt es:
- Anbringung (z. B. aufgesetzt, integriert)
- Neigung (z. B. der Dachneigung folgend, flächenbündig, aufgeständert)
- Form/Geometrie (z. B. klassische Paneele, Schindelform)
- Oberflächen- und Binnenstruktur (z. B. matt oder glänzend)
- Farbigkeit von Modul/Rahmen (z. B. schwarz, rot)
- Material (z. B. Solarfolie)
Bei jeder Anlage ist im Rahmen der Einzelfallprüfung durch die Denkmalschutzbehörden festzulegen, welche der zuvor genannten Gestaltungsmöglichkeiten erfüllt werden müssen, um eine denkmalgerechte Lösung herbeizuführen. Dabei ist die Substanz des Baudenkmals soweit wie möglich zu erhalten. Bei mehreren Alternativen ist die denkmalverträglichste zu verfolgen.
In Ausnahmefällen kann der verfassungsrechtlich geschützte Belang des Denkmalschutzes den erneuerbaren Energien entgegenstehen und überwiegen, z. B. wenn historische Dachdeckungen mit Denkmalwert substanziell zu erhalten sind.
Zur Beurteilung dienen folgende Unterlagen (mit * gekennzeichnete sind verpflichtend):
- Beiblatt – Solarenergie in der Denkmalpflege*
- Baubeschreibung des Herstellers bzw. Produktdatenblatt*
- Planskizze mit Gliederung der Anlage (M 1:100)*
- Detailzeichnungen (M 1:10)*